6. Oktober 2023
Das Bundesgericht betont die Wichtigkeit der gesetzlichen Formvorschriften im Erbrecht und zeigt damit erneut auf, dass die Formvorschriften im Erbrecht streng sind.
Möchte man ohne die Hilfe einer Notarin oder eines Notars mittels eines Testaments letztwillig über sein Vermögen verfügen, so hat das Testament gemäss Art. 505 ZGB von Anfang bis Ende handschriftlich verfasst zu sein und muss überdies datiert und unterzeichnet sein. Erfüllt ein eigenhändiges Testament diese Voraussetzungen nicht, so ist es ungültig. So viel zur Theorie.
Doch was gilt nun, wenn das Testament zwar handschriftlich verfasst ist, die Unterschrift der Erblasserin aber nicht im Testament selbst, sondern auf dem Umschlag angebracht wurden, in welchem sich das handschriftliche Testament befand und welches von der Erblasserin persönlich dem Teilungsamt zur Hinterlegung überreicht wurde? Genau mit dieser Frage hatte sich das Bundesgericht in seinem zur Publikation vorgesehenen Entscheid 5A_133/2023 vom 19. Juli 2023 auseinanderzusetzen.
Das Bundesgericht beschäftigte sich dabei im Wesentlichen mit zwei Fragen: Ist das gesetzliche Unterschriftserfordernis bereits mit der Einleitung des Testaments mit dem Satz "Ich, Magrit Muster, geb. am 1.1.1953, in Luzern, verfüge hiermit über meinen Nachlass" erfüllt? Oder genügt die Unterschrift auf dem Umschlag, um die gesetzlichen Formerfordernisse zu bejahen?
Gemäss Erwägung des Bundesgerichts dient die Unterschrift als Formvorschrift als äusseres Zeichen, mit welchem die Erblasserin gegenüber Dritten kundgibt, dass ihrem Willen eine rechtliche Bedeutung zukommen soll und dass der Inhalt der Urkunde ihren letzten Willen wiedergibt. In Wiederholung seiner bisherigen Rechtsprechung bestätigte das Bundesgericht, dass die Unterschrift diese Funktion nur erfüllen könne, wenn sie sich als Abschluss der letztwilligen Verfügung darstellt ("Abschlusswille"). So geschehe die blosse Angabe des Namens der Erblasserin am Anfang des Dokuments zu einem Zeitpunkt, zu dem die Erblasserin nicht wissen könne, ob sie das Dokument abschliessen werde, womit die Selbstnennung der Erblasserin am Anfang des Dokuments nicht genügt, um das Erfordernis der Unterschrift zu bejahen.
Doch was ist nun mit der Unterschrift auf dem Umschlag? Das Bundesgericht erwog, dass ein Umschlag grundsätzlich geeignet sei, einen physischen Zusammenhang zwischen der angebrachten Unterschrift und dem darin befindlichen Dokument herzustellen, welcher durch das Verschliessen des Umschlags zusätzlich verstärkt werde. Ein solcher physischer Zusammenhang genüge für sich allein allerdings noch nicht, um die Unterschrift auf dem Umschlag als Ausdruck des Abschlusswillens der Erblasserin zu qualifizieren. Auch die im vorliegenden Fall auf dem Umschlag zusätzlich angebrachte Aufschrift "Testament" vermochte nicht, den vom Bundesgericht geforderten Konnex der Unterschrift zum Inhalt des Umschlags herzustellen. Nachdem sich der erforderliche Zusammenhang überdies aus dem Dokument selbst ergeben müsse, liesse sich ein Abschlusswille auch nicht aus der äusseren Tatsache ableiten, dass die Erblasserin das von ihr eigenhändig verfasste Testament persönlich dem Teilungsamt zur Hinterlegung überbracht hatte.
Der aktuelle Bundesgerichtsentscheid zeigt erneut auf, dass im Erbrecht bereits eine einzige Fehlentscheidung weitreichende Konsequenzen haben kann. Gerne stehen Ihnen unsere Notarinnen und Notare mit ihrem Fachwissen zur Seite und beraten Sie eingehend im Hinblick auf die Errichtung Ihrer letztwilligen Verfügung.